Worauf sollten Verbraucher achten?
Nicht einmal jeder 10 Deutsche kennt die europäischen Gütesiegel „geschützte Ursprungsbezeichnung“ (g.U.) und „geschützte geographische Angabe“ (g.g.A.), die bereits 1992 von der EU als System zum Schutz und zur Förderung traditioneller und regionaler Lebensmittelerzeugnisse eingeführt wurden.
Geschützter Ursprung – geschützte Herkunft – was das genau bedeutet?
Europaweit gibt es bereits mehr als 600 Produkte, die das rot-gelbe Kennzeichen „Geschützte Ursprungsbezeichnung“ (g.U.) tragen – darunter sind rund 200 verschiedene Käsesorten! Comte, Brie de Meaux, Roquefort, Reblochon, Chaource … Frankreich ist – nach Italien – der zweitgrößte Produzent von Käse unter geografischer Angabe. Dieses Siegel garantiert die besondere Herkunft des Lebensmittels, das in einem festgelegten Gebiet nach bestimmten Kriterien erzeugt, verarbeitet und hergestellt sein muss. Sämtliche Produktionsschritte müssen in der betreffenden Region erfolgen. So gibt es allein aus Frankreich 45 Käsesorten, drei Sahneprodukte und zwei Buttersorten, die das g.U. Siegel tragen dürfen. In Frankreich wird dieses Gütesiegel übrigens mit „AOP“ abgekürzt – dem anspruchsvollen Weinkenner ist dies ein Begriff, da die besten Tropfen dieses Siegel tragen. Die Produktionsbedingungen jedes mit dem AOP Siegel gekennzeichneten Produktes sind genau spezifiziert, werden vom Staat validiert und regelmäßig von unabhängigen Organisationen überprüft – Verbraucher können sich online davon überzeugen.
Bei der „geschützten geografischen Angabe“ (g.g.A.) muss zwar nur ein Produktionsschritt in der Region erfolgen, die Rohstoffe können also auch aus anderen Regionen oder Ländern stammen – aber auch das bietet schon eine gute Orientierung und viele Spezialitäten übertreffen die Mindestanforderungen: Gouda-Käse ist zum Beispiel so beliebt, dass er mittlerweile überall auf der Welt hergestellt wird. Aber nur der echte g.g.A. Gouda Holland wird so gemacht, wie er seit Jahrhunderten gemacht wird: Das Gütesiegel garantiert, dass er ausschließlich in den Niederlanden aus niederländischer Milch hergestellt und in seiner natürlichen Rinde mindestens 28 Tage auf Holzregalen reift und regelmäßig gewendet wird. Die lange Reifung macht den charakteristischen Geschmack von Gouda Holland aus – je länger er reift, desto würziger wird er. Auch der Hollandse Geitenkaas – nur aus Milch von niederländischen Ziegen und mindestens 25 Tage natürlich gereift – trägt das blau-gelbe Gütesiegel.
Selten gewordene Tierarten und ländliche Arbeitsplätze stehen unter besonderem Schutz
Die mit dem AOP Siegel gekennzeichneten französischen Käse-, Butter- und Sahnesorten werden im Einklang mit der Umwelt und dem Tierschutz hergestellt.
Da die Herstellung der AOP Käsesorten strengen Vorschriften unterliegt, werden in dadurch auch selten gewordene Ziegen- und Schaf- und Rinderrassen geschützt. Sie müssen auf den satten Sommer- und kargen Winterweiden sowie hochgelegenen Kräuterwiesen Frankreichs die vielseitigen Gräser und Kräuter finden.
Man kann sich also vorstellen, dass die AOP Produkte aus besonders engagierten Käsereien stammen und so insbesondere Arbeitsplätze in abgelegenen und besonders ursprünglichen landwirtschaftlichen Gebieten erhalten werden. Hinter den 50 AOP Bezeichnungen stehen 20.000 Milcherzeuger und 432 Verarbeitungs- oder Reifewerkstätten, die diese Sektoren täglich unterstützen. Die Produktion von mit dem AOP Siegel gekennzeichneten Milchprodukten bringt rund 2 Milliarden Umsatz, was über 10% des gesamten Umsatzes der französischen Molkereiunternehmen ausmacht.
Das spezifische Know-how und die strengen Produktionsbedingungen der geschützten Produkte schafft in Frankreich tatsächlich fast 3-mal so viele Arbeitsplätze pro 100.000 verarbeiteter Liter als moderne Molkereien.
Mehr Aufklärung über die EU Gütesiegel wünschen sich 70% der Deutschen
Eine quantitative Online-Umfrage im November 2018 hat ergeben, dass über die Hälfte der 1.000 Befragten nicht ein einziges Qualitätssiegel für Lebensmittel spontan benennen kann. Dieser Wissenslücke sind sich auch 7 von 10 Befragten bewusst und wünschen sich daher mehr Transparenz im unübersichtlichen „Logo-Dschungel“.
Diesem Wunsch ist die EU nun nachgegangen und unterstützt seit 2018 eine zweijährige Informationskampagne in Deutschland, die gemeinsam mit dem niederländischen Milchverband für Molkereiprodukte Zuivelstichting und dem französischen Milchverband CNIEL (Centre National Interprofessionnel de l’Economie Laitiere) durchgeführt wird. Die EU-finanzierten Maßnahmen sollen sowohl Fachpersonal im Lebensmitteleinzelhandel als auch Verbraucher über die Bedeutung und die Qualitätsversprechen der beiden Gütesiegel aufmerksam machen.
Nina Bayer, European Project Managerin bei CNIEL, bezeichnet die Kampagne als klassische win-win-Situation für alle Beteiligten: „Das gemeinsame Projekt klärt nicht nur die Verbraucher über die europäischen Siegel auf, sondern es stärkt auch die Zusammenarbeit zwischen den europäischen Ländern! Sei es durch gemeinsam erstellte Großflächenplakate, Fachpresseartikel oder Gewinnspiele im Web. Das gemeinsame Ziel der Informationskampagne fördert den europäischen Zusammenhalt!“
Auch der Marketingleiter von Zuivelstichting, Johan Schildkamp, ist davon überzeugt, dass diese Kampagne die europäischen Werte stärkt und alle EU-Produkte mit Gütesiegel positiv beeinflusst, weil die europäischen Verbraucher besser informiert sind: „Die Verbraucher wollen nicht mehr das Billigste auf dem Teller haben. Geschmack und Herkunft sind inzwischen viel entscheidender und das g.g.A.-Siegel sowie das AOP-Siegel garantieren einfach beides.“
Schließlich geht aus der Studie hervor, dass das g.g.A.- und AOP-Siegel zurzeit noch wenig bis gar nicht auf den Produkten wahrgenommen wird. Mithilfe von zahlreichen Aktionen am Point of Sale wie z.B. an der Käsetheke oder am Kühlregal sollen die Verbraucher mehr für diese EU-Gütesiegel sensibilisiert werden, um eine bewusste Kaufentscheidung treffen zu können.
Ziele der EU-Kampagne:
-Bewusstsein und Anerkennung der Qualitätssysteme steigern
-Wettbewerbsfähigkeit und die Wertschätzung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen aus der EU steigern
-Bekanntheit der Siegel steigern
-Marktanteile von europäischen Produkten stärken
-Kommunikation zwischen Hersteller und Verbraucher stärken
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