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2017, ein kleiner Jahrgang? Keineswegs

Italien Wein 2017
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Italien Wein 2017

Für Italien ist 2017 kein Jahrhundertjahrgang, aber ein Aufatmen geht durch die Reihen der Winzer, die von Nord nach Süd nach dem Abstich oder bei fast abgeschlossener Gärung doch endlich eine positive Bilanz ziehen können. Mitte August sahen die Winzer noch schwarz. Während einer nur sonderbar zu nennenden Wachstumsphase war alles und noch mehr passiert, vom Spätfrost bis zu heftigen Hagelschauern, dann Dürre und eine stark verfrühte Reifung der Trauben. Piemont. Aus dem Herzen der Langhe berichtet Alessandro Bonelli, der Önologe von Damilano: „Glücklicherweise haben wir im Betrieb nicht die fast ganz Italien betreffenden Probleme gehabt. Der Winter war mild, aber nicht besonders trocken und es hat nur leichten Rauhreif auf einigen Rebreihen in niedriggelegenen Zonen gegeben. Als mit dem Sommer die große Hitze hereinbrach, haben wir viel im Weinberg gearbeitet, um die Trauben zu schützen und Ende August – also 2 Wochen früher als normal – hatten wir die ersten erntereifen Trauben mit optimalen Werten für Anthocyane, Polyphenole, Zuckergehalt und Säure. Die Lese begann am 24. August mit dem Chardonnay, am 28. August folgte der Dolcetto und dann so weiter bis zum Nebbiolo. Ende Oktober war auch unsere Cannubi-Lage komplett abgeerntet“.

Von San Leonardo – im äußersten Süden der Provinz Trento – erzählt Anselmo Guerrieri Gonzaga: „Wir hatten einen erheblichen Produktionsrückgang und haben – je nach Sorte – zwischen 25 und 50% weniger Trauben, das heißt im Durchschnitt 35% weniger geerntet. Nach den ersten Abstichen sind wir positiv überrascht und fasziniert von der leuchtenden Farbe und den schönen Bouquets der Weine, eine ziemlich interessante und eigentlich anormale Tatsache nach einer so heißen Saison. Die Weine sind nicht sehr alkoholisch, sondern tendieren eher zu ausgeprägter Frische und berechtigen damit zu schönen Hoffnungen“.

Toskana. Den Anfang macht das Chianti Classico in der Nähe von Florenz: „Wie vorhersehbar war, begann die Lese circa 10 Tage früher und war am ersten Oktoberwochenende abgeschlossen“ meldet Marco Fizialetti, Verkaufsleiter von Castello di Querceto. „Mengenmäßig hatten wir einen Einbruch von 15% zu verzeichnen, insgesamt noch nicht schlimm im Verhältnis zu dem, was uns andere Winzer der Anbauzone berichten. Unser Vorteil ist die Höhenlage der Weinberge zwischen 400 und 500 Metern ü.M., die Trauben waren gesund und geben qualitätsmässig zu schönen Hoffnungen Anlass“.

Ein Blick auf Castellina und Panzano, wo die Weinberge von Gagliole liegen. Der Önologe Giulio Carmassi informiert: „Als wir Anfang September auf unseren Rebflächen Trauben mit einer stark verfrühten, aber für unsere Qualitätsstandards noch ungeeigneten Zuckerreife vorgefunden haben, haben wir uns entschlossen, etwas zu wagen – und abzuwarten. Das Risiko hat sich gelohnt, in der ersten Septemberwoche kamen endlich die lang ersehnten Niederschläge, ausreichend und nicht wolkenbruchartig, so dass die Böden sich wieder mit Wasser anreichern konnten und der Metabolismus der Pflanzen wieder reaktiviert wurde. Der Sangiovese konnte so seine komplette Phenolreife erreichen, am 20. September begann die Lese und endete am 10. Oktober. Nach einer ersten Analyse können wir berichten, dass er qualitativ auf einem mittelhohen Niveau mit einzelnen Spitzenwerten einzustufen ist und das dank einer extrem sorgfältigen Selektion sowohl während der Lese als auch am Sortiertisch im Keller. Der Produktionsrückgang wird auf 20% geschätzt – insgesamt können wir damit zufrieden sein“.

Weiter nach Gaiole in Chianti zu Riecine und seinem Direktor und Önologen Alessandro Campatelli: „2017 war eine der aufwändigsten Lesen, die ich erlebt habe. Die Reife der Trauben setzte synchron bei allen Sorten ein und dadurch natürlich auch alle Vinifikations- und Gärphasen. Aber alle Anstrengungen haben Weine ergeben, die entgegen den Erwartungen über einen sehr ausgewogenen Alkoholgehalt zwischen 12,5 und 13 Prozent verfügen und interessante Säurewerte, die zu einer Verfeinerung mit einer fantastischen Frische und Lagerpotenzial führen werden wie man es von hochkarätigen Sangiovese-Weinen erwartet. Die Tannine sind hochfein und das Finale fast unendlich. Wir hatten nicht einmal nennenswerte Mengeneinbußen zu beklagen, da die Erträge auf Riecine immer sehr niedrig gehalten werden und dieses Jahr auch bei circa 30 dz/ha lagen. Ein eindeutiges Zeichen dafür, dass die Pflanzen ein natürliches Gleichgewicht gefunden haben und dadurch auch schwierige Wetterbedingungen verkraften können“.

Schwierig war die Lese auch im Gebiet des Chianti Rufina, darüber spricht Paola De Blasi, die Verantwortliche für die Produktion des Weinguts I Veroni: „Wir hatten einen Produktionsrückgang von 30%, sind aber mit der Qualität der Trauben zufrieden. Bestätigt wurde unsere Annahme, dass die Reben unter Stress dazu neigen, unerwartete Ergebnisse zu liefern und in den Böden die notwendigen Ressourcen finden, um die Trauben perfekt ausreifen zu lassen. Und die Weine, die im Werden sind, zeigen sich mit schönem Körper und einem exzellenten Aromenspektrum“. Und der beratende Önologe Andrea Paoletti fügt hinzu: „Ein schwieriger Jahrgang, aber die gerade vergorenen Weine sind bis jetzt sehr gut: breitgefächertes Bouquet, beeindruckende Struktur, elegante Tannine. Die sorgfältige Vinifikation mit sehr sanften Extraktionen war entscheidend für den Erhalt dieser sehr ausgewogenen Weine“.

Über Bolgheri erzählt Stefano Di Biasi, önologischer Berater auf dem Gut Campo alle Comete: „Es war ein von klimatischen Extremen geprägter Jahrgang mit Spätfrost, der glücklicherweise in Bolgheri nicht sehr schlimm ausgefallen ist, 70% weniger Niederschlag als im Durchschnitt, Rekordhitze Anfang August. Das überstanden nur die besten Trauben. Durch den Bioanbau und die Bewässerung konnten wir die Verluste teilweise gering halten. Trotzdem liegt die Menge um circa 30% unter dem Durchschnitt, aber die Qualität ist exzellent, vor allem bei den Spitzenweinen“.

Aus Montalcino, dem toskanischen Anbaugebiet für langlebige Weine, meldet Fabrizio Lazzeri, technischer Direktor von Tenute Silvio Nardi: „Ein extremes Jahr, in dem auf Spätfrost eine nicht enden wollende Trockenzeit folgte, die uns zu kontinuierlichen Eingriffen im Weinberg zwang sowohl an den Rebstöcken zum Schutz der Trauben als auch am Boden mit dem Versuch, soviel Wasser wie möglich zu erhalten. Mit dieser Situation kam am besten der Rebgarten Manachiara im Süd/Osten von Montalcino zurecht, der in den Genuss von etwas mehr Regen kam als rund um den Betriebssitz auf Casale del Bosco, wo es üblicherweise kühler ist. Die Lese dauerte besonders lange, sie begann Anfang September und endete in der ersten Oktoberwoche. Nur so haben wir im Weinberg der eher ungleichmäßigen Reifung Rechnung tragen können. Mengenmäßig liegen die Einbußen bei 30% vor allem aufgrund der kleinen Beeren. Mit der Qualität sind wir zufrieden dank der Konzentration, der Aromen, des guten Tanningehalts, des richtigen Alkohlgehalts und der schönen Struktur des Jahrgangs 2017“.

Frost und Trockenheit sind auch der Tenuta di Trinoro im Val d’Orcia nicht erspart geblieben. Der Frost hat Andrea Franchetti dazu veranlasst, in den Weinbergen große Feuer anzuzünden, um ein Gefrieren zu verhindern. Jene schreckliche Nacht Ende April hat eine absolute Trockenperiode beendet, so berichtet Franchetti: „Nochmals, bei Trockenheit wie bei Frost wirkt das Gegenmittel zur Nachtzeit, wenn die Blätter in der Dunkelheit ihre Poren öffnen. Sechzig Tage lang haben wir einen Nebel aus winzigen Wassertröpfchen auf ihnen versprüht, das Wasser haben wir aus den kleinen Seen des Gutes gepumpt“. Anfang September gingen die Temperaturen zurück und etwas Regen hat den Weinbergen eine Atempause geschenkt bis zum 20. September, als wir mit der Lese des Merlots begonnen haben. Eine um etwa eine Woche vorgezogene Lese im Verhältnis zum Normalzeitpunkt, das betraf alle auf der Tenuta angepflanzten Rebsorten, als Abschluss wurde am 24. Oktober der Petit Verdot geerntet.

Und dann Kampanien. Darüber spricht Pierpaolo Sirch, Direktor und Önologe von Feudi di San Gregorio: „Ein anormaler Jahrgang für eine Weinbauzone wie die bekanntermaßen eher kühlere und regnerische Irpinia. Es gab sehr wenig Niederschläge und mehrere Wochen lang sehr hohe Temperaturen. Generell kann man sagen, dass wir im Durchschnitt circa 30% weniger geerntet haben. Was den Jahrgang jedoch auszeichnet ist eine extreme Heterogenität der Produktion einerseits aufgrund der Frühlingsfröste und dann des weiteren Klimaverlaufs. Die Lese war zwei Wochen früher abgeschlossen. Wir haben sehr schöne Trauben geerntet mit einem Reifegrad, in dem die Säure, obwohl tendenziell niedriger als die Norm, sehr interessant bleibt. Insgesamt war es ein schwieriger Jahrgang aber mit guten Ergebnissen was die Qualität anbetrifft“.

Die Abschlussbemerkungen macht Viviana Malafarina vom Weingut Basilisco in der Basiliakata: „Es war eine ziemlich lange und anstrengende Lese. Durch die nicht homogene Reifung der Trauben waren wir gezwungen, in mehreren Durchgängen auf allen Parzellen zu ernten. Wir haben nur etwas früher als normal, d.h etwa eine Woche, mit der Ernte angefangen und sie am Freitag, 20. Oktober, abgeschlossen. Es ist also noch zu früh, um eine abschließende Qualitätsaussage zu machen. Aber ich bin sehr zufrieden mit dem, was wir geerntet haben und wie die Gärprozesse verlaufen. Mengenmäßig haben wir einen Einbruch von 30% zu verzeichnen, der lange heiße Sommer hat sich bemerkbar gemacht“.